CDU Stadtverband Coswig

Georg Prusko sagt Feierstunde "70 Jahre CDU Stadtverband Coswig" ab

Dieser bewegende Brief von Georg Prusko (Mitglied des Hessischen Landtages a.D.) erreichte uns vor der Feierstunde. Mit dem Einverständnis des Verfassers veröffentlichen wir ihn an dieser Stelle als Dokument eines Zeitzeugen über die massiven Repressalien denen CDU Mitglieder nach der Parteigründung in der Sowjetischen Besatzungszone ausgesetzt waren.

                                                           Bad Nauheim, den 10.09.2015

Liebe Freunde!

Vor einiger Zeit unterrichtete mich Ihr Kreisgeschäftsführer, Herr Peter Nitzold, davon, dass Ihr Ortsverband Coswig bei Dresden ein Jubiläum feiert. Gleichzeitig lud er mich zu dieser Feier ein. In erster Begeisterung sagte ich zu, an dieser Feierstunde teilzunehmen, da ich vor 63 Jahren den Ortsverband Coswig und Herrn Franke besucht hatte.

Zu damaliger Zeit war es noch schwierig und auch gefährlich, für die CDU zu arbeiten, weil die Stasi und die russische Bestzungsmacht sehr aufmerksam unsere politische Arbeit beobachteten. Aber wir waren damals eine feste Gemeinschaft.

Ich habe als Geschäftsführer in der Zeit von 1950-1953 die Aufgaben des Kreisgeschäftsführers ausgeführt. Leider wurde diese Tätigkeit durch die Stasi abrupt beendet, als man mich nach dem Volksaufstand vom 17.Juni 1953 in Meißen verhaftete und nach Magdeburg brachte. In Magdeburg war damals die Zentrale der Stasi in der DDR.

Dort wurde ich 4 Monate in Untersuchungshaft gehalten und laufend verhört und zwar Tag und Nacht. Über meine Erlebnisse in der Untersuchungshaft möchte ich lieber keine weiteren Bemerkungen machen.

Im November 1953 wurde ich zur Stasi nach Dresden gebracht. Vor dem Strafsenat des Bezirksgerichts Dresden zu 6 Jahren Zuchthaus verurteilt wegen Verbrechens nach Artikel 6 der Verfassung der DDR in Verbindung mit Kontrollratsdirektive 38 und zwar unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Meine persönliche Haft habe ich in den Zuchthäusern von Magdeburg, Dresden, Bautzen und Waldheim verbüßen müssen.

Nach eingehender Prüfung der Situation und nach Rücksprache mit meinem Arzt und meiner Familie kam ich aber zu der Erkenntnis, dass die Teilnahme an der  Jubiläumsfeier wegen meines Gesundheitszustandes und meines Lebensalters von nahezu 91 Jahren ein großes Risko wäre.

Aus diesem Grunde habe ich mich entschlossen, nicht nach Coswig zu kommen. Es ist zwar traurig, aber aufgrund der Fakten, die nicht zu verändern sind, muss ich leider meine Teilnahme absagen.

Für die Feirstunde wünsche ich Ihnen viel Erfolg und für die weitere Zukunft alles Gute.

Mit freundlichen Grüßen

G.Prusko

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Georg Prusko, am 27.Dezember 1924 in Oberschlesien geboren, wuchs als viertes von fünf Kindern einer Bergarbeiterfamilie auf. Nach dem Abschluss der Volkshochschule machte er eine Ausbildung zum Industriekaufmann. Im zweiten Weltkrieg diente er als Fallschirmjäger und arbeitete nach Kriegsende als Versicherungsangestellter in Dresden. 1947 trat Georg Prusko der CDU bei und wurde drei Jahre später Geschäftsführer des CDU-Kreisverbandes Meißen. Der Staatssicherheitsdienst verhaftete ihn nach dem Volksaufstand vom 17.Juni 1953. Das Vermögen des zweifachen Familienvaters wurde eingezogen.  Nach der Entlassung flüchtete die Familie Prusko in den Westen. Dort setzte Georg Prusko die politische Arbeit in der CDU fort. Am 22. Oktober 1969 wurde er der Nachfolger von Frau Dr. Johanna Walz im Hessischen Landtag. Landesweite Aufmerksamkeit erlangte sein Wahlkreisergebnis. Während die CDU dort 1966 einen Stimmenanteil von 19,5 Prozent, gegenüber 65 Prozent der SPD hatte, erreichte die CDU unter Prusko 1970 bereits 40 Prozent. Ein Erfolg den er auf die systematische Sozialarbeit in seinen Gemeinden zurückführte. Georg Prusko blieb bis 1983 Landtagsabgeordneter. Seinen Erfahrungen entsprechend war er Vorsitzender des Ausschusses für Heimatvertriebene, Umsiedler und Wiedergutmachung sowie Mitglied des Sozialpolitischen Ausschusses. Prusko war Landesvorsitzender des Bundes der Vertriebenen und kümmerte sich stark um die Betreuung der Aussiedler. Weiterhin war er in einer Vielzahl von sozialen und kirchlichen Organisationen aktiv. 1983 erhielt georg Prusko das Verdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland. Er lebt heute in Bad Nauheim.